„Ich liebe es, gestalten zu dürfen“

Unterhaltungskünstler, Utopist, unerschütterlicher Optimist: David J. Becher, Vorsitzender des Wuppertaler Vereins Utopiastadt, will aus allem das Beste machen.

Wo andere lediglich einen Haufen Arbeit sehen, eine beachtliche Baustelle, an der noch Jahre zu werkeln ist, sieht David J. Becher viele offene Enden – und jede Menge Raum für Gestaltung. „Keine Frage, hier ist noch allerhand zu tun“, räumt der Wuppertaler ein und lässt seinen Blick über das Gelände des Mirker Bahnhofs wandern. Dabei runzelt er nicht etwa die Stirn, sondern lächelt versonnen. Denn genau das reizt ihn schließlich an dem Projekt Utopiastadt, das auf der Bahnhofsbrache im Wuppertaler Stadtteil Elberfeld eine Heimat gefunden hat. Restaurierungsbedürftig, ausbaufähig – und voller Möglichkeiten.

»Ich habe praktisch mein Hobby zum Beruf gemacht.«

1.100 Stunden im Jahr im Einsatz

„Utopiastadt ist eines der mächtigsten Instrumente, das mir in die Hand gefallen ist, um Zukunft zu gestalten“, umreißt David J. Becher das, was der Verein als ‚andauernder Kultur- und Gesellschaftskongress mit Ambitionen und Wirkung‘ definiert. Etwas, das sich von innen nach außen entfalten und schließlich über sich hinauswachsen soll, weit über die Stadtgrenzen hinaus. Die NRW Stiftung unterstützt den Um- und Ausbau des Bahnhofs, unter anderem die denkmalgerechte Sanierung des Wartesaals 1. Klasse, mit 200.000 Euro.

Rund 200 Leute bringen sich bei Utopiastadt ein, junge und ältere gemeinsam. Seine Rolle als einer von drei Vereinsvorsitzenden findet David J. Becher „durchaus herausfordernd, aber total spannend“. Knapp 1.100 Stunden war er im vergangenen Jahr für sein Ehrenamt im Einsatz. Im Schnitt wären das drei pro Tag. Allerdings könne man das so nicht rechnen, schränkt der Kulturschaffende ein. Hauptberuflich ist er nämlich als Unterhaltungskünstler unterwegs.

David J. Becher vor dem ehemaligen Bahnhofsgebäude in Wuppertal-Mirke, heute Sitz der „Utopiastadt“.

Das Café Hutmacher ist der öffentliche Treffpunkt der Utopiastadt.

Polaroids an den Wänden zeigen die „Utopist*innen“ – Künstler, die die Utopiastadt mit Leben füllen.

1879 eröffnete die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft den Bahnhof Mirke an der Wuppertaler Nordbahn. Die ist heute ein Radweg.

Zahlreiche Ehrenamtliche bringen sich in der Utopiastadt mit ein. Zu tun gibt es rund ums Bahnhofsgebäude noch immer genug.

Ungefähr vier Monate im Jahr tourt David J. Becher mit dem Vollplaybacktheater durch die Republik. Hinter dieser Kunstform verbirgt sich eine Art Comedy-Show, bei der das sechsköpfige Ensemble Ausschnitte verschiedener Hörspielkassetten lippensynchron als Theaterstück nachstellt, ohne selbst einen Mucks von sich zu geben. Was kurz nach dem Abitur als Überbrückung bis zum Zivildienst begann, ist inzwischen seit mehr Ende der 90er die berufliche Konstante des Kulturschaffenden, sowohl Broterwerb als auch Riesenspaß. „Ich habe praktisch mein Hobby zum Beruf gemacht.“

Utopiastadt
  • Standort: Wuppertal
  • Erbaut: 1882
  • Baustil: Historismus
  • Denkmalschutz seit 1987

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Ein Café als öffentlicher Treffpunkt

Eine Tätigkeit, die erfüllt und trotzdem genug Raum lässt für anderes. Zum Beispiel um Improvisationsworkshops zu leiten oder Wuppertals erstes Festival für skurrile Unterhaltung aus dem Boden zu stampfen – und natürlich für Utopiastadt. „Im Prinzip habe ich hier eine solide Halbtagsstelle mit gedrittelter Verantwortung“, sagt David J. Becher augenzwinkernd. Ob Pressekonferenzen leiten, beim Ausräumen von Lagerräumen helfen oder Tomatensetzlinge pflanzen: Die To-Do-Liste des Vereinsvorsitzenden ist eine bunte Mischung aus kleinen und größeren Aufgaben.

Als sich der Verein 2014 formiert hat, war es den Mitgliedern wichtig, dessen Struktur so breit wie möglich anzulegen, in Projekten zu denken und zu arbeiten. Eines der ersten, um den Standort zum öffentlichen Treffpunkt zu machen: die Eröffnung des Café Hutmacher im ehemaligen Empfangsgebäude des Bahnhofs. Auch der Vollplaybackkünstler kommt hier erstmals mit den Urhebern und Vordenkern der Utopiastadt ins Gespräch. Einen Blick auf sie hatte er schon vorher, buchstäblich. Durch das Erkerfenster seines Arbeitszimmers kann er direkt auf das Bahnhofsgelände schauen. Zusammen bringt die Utopisten und den Unterhaltungskünstler schließlich die simple Frage, ob er nicht Lust hätte mitzumachen. David J. Becher wollte sogar noch mehr: Verantwortung übernehmen. „Weil ich große Lust habe, mich inhaltlich und strukturell mit dem zu befassen, was direkt vor meiner Haustür passiert.“ Das Viertel verschönern und damit möglichst große Kreise ziehen – für den Wuppertaler aus der Mirker Straße die weltbeste Aufgabe.

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