Natur hat ein Zuhause
Hilfe für Wildbienen ist Hilfe für die Artenvielfalt.
In Deutschland gibt es insgesamt über 500 Bienenarten. Die sicherlich bekannteste ist die Honigbiene, die dem Menschen durch ihre Bestäubungsleistung und Honigproduktion als wichtiges Nutztier dient. Wildbienen produzieren zwar keinen Honig, haben aber dennoch eine weit größere Bedeutung für unsere Natur. Viele Wildbienenarten leben solitär, Ausnahmen bilden die Hummeln, die ähnlich wie die Honigbiene in Staaten leben. Bei solitären Wildbienen leben Männchen und Weibchen alleine, das Weibchen kümmert sich um Nestbau und Brutpflege. Ein Kontakt zwischen unterschiedlichen Generationen ist selten, normalerweise stirbt das Weibchen, bevor die Nachkommen schlüpfen. Rund 75 Prozent der Wildbienenarten nisten im Boden, wofür offene, vegetationsarme Bereiche auf meist mageren, sandigen Böden genutzt werden. Darüber hinaus befinden sich weitere Nistplätze in Schneckenhäusern, an Steinen, in Baumstämmen oder Mauerritzen.
Die Weibchen legen in den tunnelartigen Nisthöhlen meist mehrere Brutzellen an. Diese enthalten jeweils ein Ei samt Proviant (eine Mischung aus Blütenpollen und -nektar) und werden zur nächsten Brutzelle bzw. nach außen hin fest verschlossen. Teilweise werden bis zu 30 Brutzellen hintereinander angelegt. Als Verschlussmaterial dienen je nach Wildbienenart unterschiedliche pflanzliche Materialien, wie Stücke von Laub- und Blütenblättern, breiartig zerkleinerte Blattstücke, abgeschabte Pflanzenhaare, abgenagte kurze Holzfasern und Baumharz. Meistens schlüpfen die Nachkommen in den verschlossenen Brutzellen erst im kommenden Jahr und müssen sich zunächst den Weg nach draußen freibeißen.
Gewöhnlich stechen Wildbienen nicht, außer sie werden bedroht. Der Stich ist jedoch viel harmloser als der einer Honigbiene oder Wespe, der Schmerz verschwindet in der Regel nach wenigen Minuten ohne Schwellung. Die Geschlechter lassen sich anhand eines kleinen Merkmals gut unterscheiden: Die Weibchen sammeln zur Versorgung der Brut Pollen, man erkennt sie gut an ihrem pollenbeladen Flug von Blüte zu Blüte. Da Männchen nicht an der Eiablage und Anlage Brutzellen beteiligt sind, haben sie auch keine Pollentransporteinrichtungen.
Bedeutung von Wildbienen, ihre Gefährdung und Wildbienenschutz
Bienen existieren nicht nur seit langer Zeit, sondern haben auch eine immense Bedeutung in der Entwicklung der Natur. Sie stehen für einen der erfolgreichsten Kooperationsmechanismus in der Geschichte der Evolution: die Bestäubung. Über 80 Prozent der Nutzpflanzen werden von Insekten bestäubt, woran Wildbienen einen großen Anteil haben.
Aufgrund der oft wenig nachhaltigen Nutzung der Natur und ihrer Ressourcen durch den Menschen, beispielsweise durch Zersiedelung, Intensivierung der Landwirtschaft, Nutzung von Pestiziden und Kunstdüngern oder die Veränderung der klimatischen Bedingungen durch Treibhausgasemissionen, sind viele Tierarten bedroht. Auch die Insektenbiomasse ist deutlich rückläufig – aktuell sind 41 Prozent der Wildbienenarten im Bestand gefährdet. Mit dem Rückgang der Insekten und Wildbienen und somit auch deren Bestäubungsleistung ist ein bedeutender Baustein unseres Ökosystems bedroht: Ohne Bestäubung wird ein Nahrungsmangel für Milliarden von Menschen herrschen. Gründe für das Verschwinden der Insekten sind vielfältig, neben den oben genannten kann darüber hinaus auch der Wegfall von Randstrukturen und Blühstreifen genannt werden. Dies alles führt unter andrem zu einer flächendeckenden Verringerung des Blütenangebots sowie der Blütenvielfalt was einen Nahrungsmangel und Lebensraumverlust für Insekten, insbesondere Wildbienen bedeutet.
Der nachhaltige Schutz von Insekten und Wildbienen ist also immens wichtig, neben großen Hebeln in z.B. der Landwirtschaft kann aber auch jede*r Einzelne etwas tun, beispielsweise durch die Anlage von Blühwiesen.
Was kann ich persönlich tun, um Wildbienen zu schützen?
Um Wildbienen zu helfen, ist es wichtig, sowohl für ein ausreichendes Nahrungsangebot als auch für passende Nistmöglichkeiten zu sorgen. Beides sollte nach Möglichkeit Hand in Hand umgesetzt werden.
Nahrungsangebot
Unsere Gärten besitzen großes Potenzial und können zu einer pollen- und nektarreichen Oase werden. Schon eine kleine Fläche – selbst ein Balkon – kann einen bedeutenden Anteil für den Schutz der Wildbienen erreichen. Eine bunte Vielfalt ist nicht nur schön fürs Auge, sondern bietet auch ein großes Nahrungsangebot für Wildbienen. Viele unterschiedliche Pflanzen sind auch deshalb wichtig, weil einige Arten Nahrungsspezialisten sind und sich teilweise nur von einer einzigen Pflanzenart ernähren. Um dabei von Frühjahr bis Herbst eine kontinuierliche Blühphase zu ermöglichen, kann ein Blühkalender als Hilfe dienen, und es muss von Pestiziden und Chemikalien abgesehen werden.
Wenn im Garten eine Blühwiese angelegt wird, sollte idealerweise regionales Saatgut mit heimischen Wildkräutern verwendet werden. Um junge Pflanzen nicht zu beschädigen, sollte nur ein- bis zweimal im Jahr und nicht zu tief (mindestens 5 cm über dem Boden) gemäht werden. Wer nicht auf die Keimung und das Anwachsen der Wildblumen warten möchte, kann Stauden anpflanzen. Auch dabei sollte möglichst auf regionale Pflanzen zurückgegriffen werden. Hier gibt es spezielle Staudengärtnereien, die explizit heimische Stauden züchten. Der beste Zeitpunkt für eine Pflanzung oder Aussaat ist im Frühling oder Frühherbst.
Achtung: Viele in Baumärkten, Gartencentern oder Discountern erhältliche Samentütchen mit den wohlklingenden Namen „Bienenweide“, „Insektenschmaus“ o.ä. enthalten häufig mediterrane, nicht heimische Pflanzenarten, die zur Florenverfälschung unserer heimischen Natur führen. Zudem sind viele der enthaltenen Pflanzen nur ein- und nicht mehrjährig, sodass die mühsam angelegte Blühwiese nur eine sehr kurze Lebensdauer hat.
Nistmöglichkeiten
Wildbienenhäuser tragen ebenfalls zum Schutz bei, indem sie Wildbienen eine einfache und gute Nistmöglichkeit bieten. Diese kann man schnell und günstig selber bauen, bspw. in alten Konservendosen. Ein Stück Laubholz mit Bohrungen ist ebenso ein schönes Angebot für Wildbienen. Außerdem bieten Stängel von Sträuchern wie Brombeeren, Himbeeren oder Wildstauden das ideale Winterquartier für Insekten. Zudem sollten im Garten auch Wildhecken sein und Pflanzen über den Winter bis in das späte Frühjahr nicht geschnitten werden.
Eine weitere Nisthilfe ist das Sandarium. Dabei handelt es sich um eine Sandfläche, die insbesondere für bodenbrütende Wildbienen attraktiv ist. Wichtig ist, dass der Standort sonnig und regengeschützt ist und der Sand die richtige Konsistenz aufweist.
Checkliste: Wildbienenhaus
- Mindestens 1 Meter über den Boden an trockenem und warmem Standort aufhängen, Ausrichtung nach Süden und für freien Anflugbereich sorgen
- Wind- und wettergeschützt (zum Beispiel mit Dachpappe vor Regen schützen)
- Gut festschrauben und nicht „baumeln“ lassen
- Niströhrchen: verschiedene Durchmesser (3 bis 9 Millimeter) für unterschiedliche Arten anbieten; Länge: circa 10-20 Zentimeter
- Keine ausgefransten Niströhrchen, sonst Verletzungsgefahr der Flügel durch Splitter
- Bambusröhrchen sind gut geeignet (lassen sich sauber absägen)
- Bohrung in Holz: quer zur Maserung, also von der Borke her
- Drahtnetz gegen Fressfeinde anbringen
- Wildbienenhaus über das ganze Jahr draußen lassen
Was kann ich an der Wildbienennisthilfe beobachten?
An Wildbienennisthilfen kann man dann den Ein- und Ausflug der Weibchen, bzw. geschlüpfter Jungtiere beobachten. Alles andere spielt sich versteckt im Inneren ab.
Die häufigsten Arten, die man an Wildbienenhäusern findet, sind solitäre Totholzbienen, bspw. die Gehörnte oder Rostrote Mauerbiene und die Hahnenfuß-Scherenbiene. Die Rostrote Mauerbiene kommt in Deutschland häufig vor. Ihre Lebensräume sind Siedlungsbereiche und Grünflächen, wie Gärten oder Parks, und ihre Flugzeit ist von März bis Juni. Rostrote Mauerbienen nisten in vorhandenen Hohlräumen aller Art, unter anderem auch in Nisthilfen. Besondere Blütenvorlieben hat sie nicht. Das Weibchen ist am braunschwarz behaarten Kopf und an der rostroten Färbung am Hinterleib zu erkennen. Die Männchen sind am Kopf weißlich behaart, haben im Gesicht einen weißen Bart, längere Fühler und sind insgesamt schmaler als die Weibchen.
Künstliche Nisthilfen werden darüber hinaus auch von parasitischen Bienenarten genutzt. Diese werden auch „Kuckucksbienen“ oder „Schmarotzerhummeln“ genannt. Brut- oder Futterparasiten nutzen die Brutfürsorgeleistungen anderer Arten aus. Dafür werden die Eier in fremde Brutzellen geschmuggelt. Nachdem die Schmarotzerlarve geschlüpft ist, tötet sie das Wirts-Ei und verzehrt den Futtervorrat. Sozialparasiten hingegen lassen ihre Brut von den Arbeiterinnen sozialer Bienen aufziehen, nachdem sie in das Nest eines jungen Hummelvolks eingedrungen sind.
In Zusammenarbeit mit der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet e.V. / Stand: 03/2024
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