Die Wand als Roman

Bürgerhaus und Tapetensaal Warendorf

Anfang des 19. Jahrhunderts erfreuten sich Panoramatapeten mit großformatigen Literatur-Illustrationen großer Beliebtheit. Die per Hand mit Holzdruckstöcken und Leimfarbe produzierten Wandbekleidungen erreichten so hohe Auflagen, dass sie zumindest für wohlhabende Bürgerhaushalte erschwinglich waren. Im westfälischen Warendorf gibt es in einem 1812-16 erbauten klassizistischen Haus noch originale Tapeten aus den 1820er Jahren. Seit 2009 sind sie zu besichtigen, 2011 wurden sie restauriert. Biedermeiermöbel zeugen zudem vom Wohnen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine freistehende Veranstaltungsterrasse für das Haus inklusive Treppenlift wurde 2018 in Angriff genommen.

Die Zerstörung eines Paradieses

Die führenden Tapetenhersteller saßen um 1800 meist in Frankreich. Ihre Serien mit mythologischen oder exotischen Themen erreichten zum Teil Bestseller-Status. Man griff dabei inhaltlich gern auf Romanvorlagen zurück. Die Tapeten im Warendorfer Haus Klosterstraße 7 stammen von der Pariser Manufaktur Dufour & Leroy. Sie illustrieren im Gartensaal den Roman „Die Inkas“ von Jean-François Marmontel, der die Eroberung Perus als Zerstörung eines Paradieses beklagt. Im Salon sieht man Szenen aus François Fénelons Roman „Telemach“ über die Suche des Odysseus-Sohns nach seinem Vater.

Die Tapeten erzählen die Geschichten zweier Romane nach.

Im Gartensaal geht es um das Buch „Die Inkas“.

Auch ein Biedermeierzimmer haben die Vereine eingerichtet.

Das Haus mit den Wandtapeten ist heute Teil des dezentralen Warendorfer Stadtmuseums. Geschichte wird hier an verschiedenen Originalschauplätzen lebendig. So erzählt zum Beispiel die Jugendstilvilla „Haus Bispinck“ vom Wohlstand gut situierter Warendorfer Bürger zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das Leben der armen Leute wird hingegen durch einen sogenannten Gadem veranschaulicht, ein äußerst bescheidenes Häuschen. Ebenso sehenswert ist das Torschreiberhaus, das an die frühere Wegezollerhebung erinnert.

Unser Engagement
Die NRW-Stiftung half den „Altstadtfreunden Warendorf e.V.“ und den „Heimatfreunden Warendorf e.V.“ bei der Restaurierung der Bildtapeten, der Einrichtung des Biedermeierzimmers und beim Terrassenlift.


Standort

Bürgerhaus und Tapetensaal Warendorf
Klosterstraße 7
48231 Warendorf
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