Freie Hand für die Natur

Nationales Naturerbe Billiger Wald in der Eifel

Dort, wo im Kalten Krieg Raketen stationiert und möglicherweise sogar Atomwaffen gelagert wurden, kommt seit einigen Jahren die Natur wieder zu ihrem Recht: Im ehemaligen Raketenstützpunkt Billiger Wald vor den Toren Euskirchens. Das dem Nationale Naturerbe übergebene Areal ist eine der wenigen größeren zusammenhängenden Waldflächen am Rande der Zülpicher Börde. Als natürlichem Bindeglied zwischen der offenen Bördenlandschaft und dem Mittelgebirge der Eifel kommt dem schon seit mehr als 30 Jahren nicht mehr militärisch genutzten Naturerbegebiet eine besondere Bedeutung für den lokalen Biotopverbund zu.

Lichte Bestände von Birke, Pappel, Aspe, Erle und Weide dominieren das Bild. Ökologisch besonders wertvoll macht das Gebiet aber der hohe Anteil von Eichenwald, der auf mehr als einem Drittel der Naturerbefläche wächst. Nicht standortheimische Nadelbaumarten wie Fichte und Kiefer haben mit etwa zehn Prozent einen vergleichsweisen geringen Anteil. Der Billiger Wald wurde über lange Zeit hinweg als Standortübungsplatz und als Stationierungsort für Nike-Flugabwehrraketen genutzt. Wie auf vielen anderen früheren militärischen Liegenschaften auch, trug ausgerechnet die lange militärische Nutzung dazu bei, Lebensräume zu erhalten, die andernorts zugunsten einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung oder des Siedlungsbaus verloren gegangen sind.

Die Spanische Flagge, ein Nachtfalter, wird auch Russischer Bär genannt.

Die Echte Betonie war in der Antike und im Mittelalter als Heilfplanze verbreitet.

Auch der Schwarzspecht nennt den Billiger Wald seine Heimat.

Mehr Totholz für Tiere

Im Billiger Wald erhielt beziehungsweise entwickelte sich so auf einer Fläche von 84 Hektar ein reicher Biotopkomplex aus naturnahen Laubwäldern, lichten krautreichen Kiefernwäldern sowie eingestreuten Heideflächen und Kleingewässern. Die Artenvielfalt ist in allen diesen Lebensräumen hoch und wird sich mit der fortschreitenden Renaturierung in den kommenden Jahren weiter steigern. Der Managementplan für das Gebiet sieht dazu unter anderem einen weitgehenden Verzicht auf forstlichen Nutzung, also auf Eingriffe in die natürliche Entwicklung des Waldes vor. Damit soll eine deutliche Erhöhung des Totholzanteils über die kommenden Jahrzehnte erreicht werden, um das Angebot an Nahrung und Lebensraum für viele Insekten- und Vogelarten weiter zu verbessern.

Bereits jetzt von besonderer ökologischer Bedeutung sind die durch den militärischen Übungsbetrieb offen gehaltenen Heideflächen sowie die Fragmente von Pfeifengraswiesen und Borstgrasrasen. Diese durch das Bundesnaturschutzgesetz und die europäische FFH-Richtlinie besonders geschützten Lebensraumtypen werden bundesweit immer seltener. Während die Devise zur Renaturierung im Wald lautet, möglichst wenig in die natürlichen Entwicklungsprozesse einzugreifen, erfordert die Erhaltung der offenen Heideflächen und des Magergrünlandes ein aktives Management. Nur durch regelmäßige Mahd oder die Beweidung mit Schafen kann eine Verbuschung und damit eine Entwertung des Lebensraums verhindert werden. Diese naturschutzkonformen Formen der Pflege helfen, die botanischen Besonderheiten des Nationalen Naturerbes Billiger Wald zu erhalten. Dazu zählen Raritäten wie das Gemeine Kreuzblümchen sowie größere Vorkommen von Wald-Läusekraut und des Gefleckten Knabenkrauts, einer Orchideenart.

Ein Gast auf leisen Pfoten

Unter den Insekten sind unter anderem der Kleine Heidegrashüpfer, die Tagfalter Großer und Kleiner Schillerfalter, Großer Fuchs und Kleiner Eisvogel sowie die wärmeliebende
Spanische Flagge als Nachtfalterart von Bedeutung für das Gebiet. Der Billiger Wald ist Heimat mehrerer Fledermausarten, darunter der Zwergfledermaus, die bis zu 1.000 Mücken pro Tag
erbeutet und des Braunen Langohrs, der heimischen Fledermausart mit den größten Ohren. Mit Mittelspecht, Schwarzspecht und Waldschnepfe kommen auf der Naturerbefläche drei Vogelarten mit besonderem Schutz nach der europäischen Vogelschutzrichtlinie vor.

Mehrere Funde überfahrener Wildkatzen in der Nähe zum Naturerbegebiet könnten ein Hinweis darauf sein, dass der heimliche Waldbewohner seine Fühler in Richtung einer Besiedlung der Voreifel ausgestreckt hat. In Teilen der Eifel hat sich die einst fast vollständig verschwundene Art bereits wieder fest etabliert. Von der hochgesicherten Raketenstellung zum Naturwald, vom militärischen Übungsplatz zu naturnaher Heidelandschaft: Die weitere Entwicklung der Naturerbefläche Billiger Wald bleibt also spannend.

Stand der Angaben: 2020

Unser Engagement

Der Billiger Wald gehört zu den Liegenschaften des Nationalen Naturerbes, die von der Bundesrepublik Deutschland in die Hände der NRW-Stiftung übertragen wurden. Alle Naturerbeflächen stellen wir Ihnen in unserer Broschüre vor.


Standort

Billiger Wald
Billiger Wald
53881 Euskirchen
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