Siedend heiße Geschichte

Saline Gottesgabe in Rheine

Dass die Geschichte Nordrhein-Westfalens keine fade Angelegenheit ist, wissen alle, die das Land kennen. Ein paar besonders herzhafte Kapitel stehen sogar in direkter Verbindung zu jenem „weißen Gold“, das die Fachkraft für Chemie „Natriumchlorid“, die Küchenleitung hingegen „Kochsalz“ nennt. In verschiedenen Gegenden Westfalens spielte die Salzgewinnung einst eine wichtige Rolle. So zum Beispiel in Rheine, wo sich im „Salinenpark“ heute ein buntes Spektrum salzhaltiger Themen entfaltet – von der Siedepfanne bis zum Kurbetrieb. 

„Da ist die Saline“, erklärt der Vater, während die Mutter auf das riesige Gebilde aus Balken und Reisigbündeln deutet. Der Nachwuchs rennt los, um das Ziel als erster zu umrunden – allerdings mit einer Fehlinformation im Gepäck. Denn die Eltern haben ihm keine Saline gezeigt, sondern ein Gradierwerk. Dort tröpfelt salzhaltiges Wasser, kurz: Sole, am Reisig herab und wird durch Verdunstung konzentriert. Früher half das, beim Salzsieden Brennholz zu sparen, heute bietet es die Gelegenheit gesunde, salzhaltige Luft zu atmen. Gradierwerke wurden aber erst im 16. Jahrhundert erfunden. Salinen gibt es schon viel länger: Ohne sie hätte das Mittelalter entschieden unter Salzmangel gelitten.

Der gläserne Pavillon, in dem Besucherinnen und Besucher das Salzsieden erleben können.

Schwarzdornreisig dient im Gradierwerk dazu, das Wasser zu verrieseln und verdunsten zu lassen – die Sole reichert sich an.

Blick ins Siedehaus, in dem das Salz früher hergestellt wurde.

Haus unter Dampf

Die Anfänge der Salzerzeugung in Rheine lassen sich bis ins Jahr 1022 zurückverfolgen. Man kennt in Westfalen aber noch ältere Salzwerke, vor allem am Hellweg. Hier konnten die in der Archäologie tätigen Personen in Soest sogar eine der frühesten Salinen Europas nachweisen, die schon im 6. Jahrhundert bestand. Man fand unter anderem Reste bleierner Siedepfannen, in denen die Sole verdampfte, bis sich Salzkristalle bildeten. Meist standen solche Pfannen in sogenannten Siedehäusern – wofür es in Rheine heute noch ein Beispiel aus dem 18. Jahrhundert gibt. Leider können die historischen Pfannen des Siedehauses nicht für Vorführungen benutzt werden. Dafür gibt es aber eine speziell für Kinder spannende „Salzwerkstatt“. Außerdem gewinnt der Förderverein der Saline das weiße Gold seit einigen Jahren wieder in kleinen Mengen. Von dem Verein stammt auch die Idee, eine wannenförmige „Schausiedepfanne“ mit etwa 300 Liter Fassungsvermögen zu installieren. Dank eines Glaspavillons wird sie sich indem großenteils frei zugänglichen Salinenpark nie den Blicken der Gäste entziehen.

Blütezeit und Badezeit

Der Name „Saline Bentlage“ geht auf das gleichnamige, im 15. Jahrhundert gegründete Kloster zurück, das die Salzproduktion eine Zeitlang für eigene Zwecke nutzte. Aufschwung brachten aber vor allem die Herren von Velen. Schon 1577 investierte Hermann von Velen in einige Anlagen der Umgebung, ab 1611 sorgte dann sein Sohn Alexander für die eigentliche Blüte der Saline „Gottesgabe“, wie er sie taufte. Durch das Gradieren sank inzwischen auch der Holzverbrauch beim Salzsieden, was die Wirtschaftlichkeit steigerte. 

In den 1730er-Jahren übernahm die Münsterische Salinen-Societät das Salzwerk. Der bekannte Salinist Joachim Friedrich Freiherr von Beust baute es unter der Leitung des Barockbaumeisters Johann Conrad Schlaun wenig später aus. Man errichtete damals ein dreihundert Meter langes und 7,5 Meter hohes Gradierwerk, ein „Radhaus“ mit Wasserrad, Solevorratsbehälter, das Siedehaus mit mehreren Salzmagazinen. Sogar ehrgeizige Kanalbauprojekte wurden im Fürstbistum Münster nicht zuletzt in Hinblick auf den Salzhandel unternommen. 

Im 19. Jahrhundert wurde das Unternehmen zunehmend unwirtschaftlich. Daher rüstete man es zum Solebad um, für das um 1900 nacheinander Bade- und Kurhaus sowie ein Kinderheim entstanden. 1974 endete der Badebetrieb. Leider hatte ein Sturm schon 1940 ein rund 140 Meter langes Stück aus dem Gradierwerk gerissen. Dennoch ist in Rheine heute eines der bedeutendsten vorindustriellen Technikdenkmäler NRWs zu sehen. Das denkmalgeschützte Ensemble gehört mit seiner Parkanlage übrigens auch zum Gartennetzwerk „European Garden Heritage Network“.

Stand der Angaben: 1/2017 / Medienstation: 3/2024

Das Projekt „Hochprozentiges Engagement an der Saline Gottesgabe in Rheine

Unser Engagement
Im Salinenpark Rheine fördert die NRW-Stiftung den Bau einer Siedepfanne, mit der der Verein zur Förderung der Saline Gottesgabe e. V. die früheren Methoden der Salzgewinnung anschaulich vorführen kann. Bei der Errichtung einer Medienstation im historischen Denkmal Salzsiedehaus konnte der Verein ebenfalls maßgeblich unterstützt werden.


Standort

Saline Gottesgabe
Salinenstr. 105
48432 Rheine
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