Der tolle Johann und seine Witwe

Das Porträt der gräflichen Familie von Rietberg in Münster

Familien soll man nicht auseinanderreißen, doch die gräfliche Familie von Rietberg erlebte es anders: 1557 geriet Graf Johann II. in Gefangenschaft und sah weder Frau noch Töchter je wieder. In der Kunst wiederholte sich die Trennung Jahrhunderte später, als ein Unbekannter das Familienbild der Rietberger in drei Teile zerlegte. Erst 1989 wurde es von Experten in Münster wieder vereinigt.

Ein Bild voller Symbole

Johann von Rietberg wurde nur 38 Jahre alt. Man nannte ihn den „tollen Johann“ – toll für tollwütig. Ziemlich mutwillig fiel er 1556 unter anderem in die Grafschaft Lippe ein. Truppen des niederrheinisch-westfälischen Reichskreises belagerten deshalb seine Burg. Johann musste aufgeben und wurde für immer gefangengesetzt, zuletzt in Köln, wo er 1562 starb. Seine Witwe Agnes unternahm alles, um die Grafschaft Rietberg für ihre Töchter Ermengard und Walburg zu sichern – mit Erfolg. Zudem bestellte sie bei dem Maler Hermann tom Ring 1564 ein Familienbild voller Symbole. Johann wird darauf als mutig wie Simson gekennzeichnet, denn Simsons Kampf mit dem Löwen ziert die gräfliche Hutspange. Tochter Walburg präsentiert eine Nelke, Symbol ehelicher Treue und Botschaft an künftige Heiratskandidaten. Das Dahinscheiden des Grafen machen Sanduhr, Totenkopf, die Zahl 1562 und die Witwentracht seiner Frau deutlich.

Im 19. Jahrhundert kam das nur 56 Zentimeter hohe, aber 1,66 Meter breite Bild nach England, wo jemand die Familie auseinandersägte, um mit drei Porträts mehr Geld zu machen. 1955 und 1958 tauchten Mädchen und Graf im Kunsthandel wieder auf. Erst 1989 entdeckte man bei einer Auktion in Monte Carlo auch Agnes wieder – teils übermalt, mit abgeschnittenen Händen. Die Übermalung ließ sich entfernen, an der Fehlstelle sieht man heute aber nur noch eine neutrale Retusche. Rätsel bleiben: Was hielt Agnes in der Hand? Worauf zeigt ihr Mann?

Unser Engagement
Die NRW-Stiftung kaufte auf Rat der „Freunde des Museums für Kunst und Kultur Münster e.V.“ (früher Westfälisches Landesmuseum) das Bild der Gräfin Agnes, das im LWL-Museum für Kunst und Kultur mit dem Gesamtporträt vereinigt wurde.


Standort

Porträt der gräflichen Familie von Rietberg
Domplatz 10
48143 Münster
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