Ohne Licht und Menschlichkeit
Untertageverlagerung Dachs 1 in Porta Westfalica

Tief im Jakobsberg in Porta Westfalica-Hausberge lässt sich ein düsteres und bei vielen Menschen in der Umgebung weniger bekanntes Kapitel der Geschichte der Region erkunden – die Stollen der „Untertageverlagerung Dachs 1“. KZ-Häftlinge mussten dort in der Zeit des Nationalsozialismus schwerste Arbeiten verrichten, heute steht hier die Gedenk- und Erinnerungsarbeit im Vordergrund.
Deutschland in den letzten Kriegsjahren. Die Alliierten verstärken ihre Bombenangriffe massiv. Eines ihrer Ziele: kriegswichtige Industrien wie die Produktion von Treibstoffen oder Waffen stören und unmöglich machen. Die Machthaber beginnen nun zunehmend damit, aus ihrer Sicht wichtige Betriebe in Bergstollen oder unter die Erde zu verlagern. Im Harz hat sich dies bereits bei der Produktion von Raketen bewährt. Die SS hält nun überall im Land Ausschau nach geeigneten Orten.
Gleich mehrere davon findet sie im Weser- und Wiehengebirge, die sich am Weserdurchbruch, der Porta Westfalica, treffen. Insgesamt sechs Verlagerungsprojekte sind hier geplant. Die größten Räume im unteren Jakobsberg, „Dachs 1“ genannt, erhält die Raffinerie Deurag-Nerag aus dem 70 Kilometer entfernten Hannover. Sie soll hier geschützt vor Angriffen Schmieröl produzieren können.
Raffinerie ging nie in Betrieb
Soweit der Plan – und auch der Ausbau startete wie angedacht. Allerdings mangelte es sogar an einfachen Baumaschinen. Und so mussten Zwangsarbeiter und Häftlinge aus Konzentrationslagern unter unmenschlichen Bedingungen schuften, mit Schaufeln und Hacken. Ab März 1944 brachen sie von früh bis spät ohne Chancen auf Tageslicht mit einfachsten Mitteln und nur dünn bekleidet die Steine aus dem Berg, bis die Stollenanlage auf rund 15.000 Quadratmeter Größe angewachsen war – mit teils meterhohen Hallen. Dann begann die Installation der Produktionsanlage, die allerdings nie mehr in Betrieb ging.
Die Häftlinge für alle Untertageverlagerungen der Umgebung waren in drei Lagern in der Nachbarschaft untergebracht, unter anderem im Saal des Hotels Kaiserhof in Barkhausen. Allein dort wurden bis zu 1.500 Menschen aus 17 Nationen gleichzeitig gefangen gehalten. Im April 1945 wurden die Lager angesichts der näher rückenden Front geräumt und die Häftlinge in Zügen Richtung Norden und Osten gefahren. Ende April bis Anfang Mai 1945 wurden sie auf ihrer Odyssee befreit.
Heute hält der Verein KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica e. V. die Erinnerung an die Untertageverlagerungen und vor allem die Schicksale der hier arbeitenden Menschen lebendig, von denen hunderte starben. Im Frühsommer führen Ehrenamtliche Besuchergruppen in die Stollen, die in weiten Teilen so gesichert wurden, dass man sie gefahrlos betreten kann.
Stand der Angaben: Mai 2025
Förderbande-Podcast: „Am Ende des Tunnels – der Blick auf die Geschichte"
Unser Engagement
Die NRW-Stiftung unterstützte den Verein „KZ-Gedenk- und Dokumentationsstätte Porta Westfalica e.V.“ bei der Sicherung und Ertüchtigung der ehemaligen Untertageverlagerung „Dachs 1“.
Standort
Untertageverlagerung Dachs 1(an der Landstraße 482)
32457 Porta Westfalica