Hightech des Mittelalters

Geismühle in Krefeld-Oppum

Idyllische Orte stellt man sich irgendwie anders vor, erheblich ruhiger vor allem. Hier aber donnert der Berufsverkehr pausenlos an der uralten Geismühle vorbei. Zehntausende von Fahrzeugen jeden Tag. Die Autobahn 57 in Steinwurfnähe kennt eben keinen Feierabend. Aber dieser Fluch ist zugleich ein kleiner Segen. Denn gerade die extrem gute „Verkehrsanbindung“ dürfte die erstmals 1575 urkundlich erwähnte Geismühle wohl zu einer der bekanntesten Windmühlen Deutschlands gemacht haben. Zumal die unmittelbar benachbarte Raststätte in Krefeld-Oppum ihren Namen trägt.

Der Mühle wieder das Mahlen lehren

Lange war die Mühle, die ihren Betrieb erst am Ende des Zweiten Weltkriegs einstellte und 1959 in den Besitz der Stadt Krefeld kam, nur ein stummes Monument der Vergangenheit. Geschichte aber, die erzählen soll, muss zum Leben erweckt werden. Das wiederum ist viel Arbeit. Die aktiven Mitglieder des Mühlenbauvereins Geismühle haben erfahren, wie schweißtreibend es sein kann, wenn einer alten Mühle wieder das Mahlen gelehrt werden soll.

 

Foto: Lars Langemeier
Foto: Lars Langemeier
Foto: Lars Langemeier
Foto: Lars Langemeier

Weit über 3.000 Arbeitsstunden haben sie in die Renovierung gesteckt – und in jede Stunde ihre Kompetenz: Einen Bauingenieur hatte man in den eigenen Reihen und einen Maurer, zudem einen Fliesenleger, Schreiner- und Malermeister und einen Friseur, der sich bei dem Projekt als bester Maurer entpuppte. Das Ergebnis gibt den Mühlenbauern Recht. Denn sie haben aus der Mühle kein Museum gemacht, sondern ihr die Atmosphäre einer wenig komfortablen Arbeitsstätte bewahrt. Halbdunkel ist es hier, steil sind die Treppen, und überall lauern Eichenbalken in Kopfhöhe, die den unaufmerksamen Mühlengästen einen nachhaltigen Eindruck bescheren können.

Was im 21. Jahrhundert wieder in Schwung kam, funktionierte bereits vor 500 Jahren. Ein altes Wunderwerk der Technik ist es, das immer noch sprachlos macht: das riesige Kammrad mit seinen hohen hölzernen Zähnen, die sogenannte Königswelle, ein mächtiger Eichenstamm, dessen Drehung die beiden Mahlwerke arbeiten lässt, oder die mit 4.000 Eichenholzschindeln komplett restaurierte Mühlenhaube, die auf ein Rollenlager gebettet ist und praktisch per Fernbedienung nach dem Wind gedreht wird. Zehn Mitglieder des Oppumer Mühlenbauvereins sind dafür noch einmal in die Lehre gegangen: an drei verschiedenen Mühlen, unter anderem auch in den Niederlanden. Sie treten in ihrer Freizeit das lange Erbe der vielen Müller an, die in der vormals kurfürstlichen Bannmühle arbeiteten.

Über zweieinhalb Meter stark sind die Wände am Fuß des Mühlenturms. Was hier steht, ist mehr eine kleine, klobige Festung. Und so gewähren die alten Ziegel einen Blick in die Vorgeschichte des Turms, der wohl um 1280 als Vorwerk der Burg Linn gebaut wurde. Die steht rund zwei Kilometer nordöstlich vom Turm – auf Sichtweite, was für die Kommunikation wichtig war. Denn von hier aus wurde gemeldet, was sich alles tat auf der alten Legionärsstraße, die geradewegs am Turm vorbeiführte. Wer in dem damals noch sumpfigen Gelände trockenen Fußes nach Xanten kommen wollte, wählte diesen Weg auf dem leicht erhöhten, sandigen Rücken. Geest nennt man eine solche landschaftliche Besonderheit. Geest gab der Mühle – leicht abgewandelt – ihren Namen. Und mittlerweile auch der Raststätte. Fast folgerichtig, denn vor fast 1.000 Jahren dürfte es an dieser Stelle ähnlich geschäftig zugegangen sein: mit den vielen Reisenden am linken Rheinufer und dem dicken Turm am Wegesrand – als trutziger Zeuge der Geschichte.

Stand der Angaben: 2007

Unser Engagement
Die NRW-Stiftung stellte dem Bauverein Geismühle Krefeld-Oppum e. V. finanzielle Mittel für die Restaurierung der Geismühle zur Verfügung. Außerdem gab sie Geld für die Erneuerung des Mahlwerks und die Einrichtung des Schulungshauses, eines wetterfesten Treffpunkts für Besuchergruppen.


Standort

Geismühle
An d. Geismühle 8
47809 Krefeld
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