Die Apotheke der Burgleute

Mittelalterlicher Burggarten in Stadt Blankenberg

Als im Jahr 1643 Margarete Bärenklau, die Frau des Blankenberger Gerichtsschreibers, schwer erkrankte, vertraute sie der Muttergottes und der Volksmedizin. Nach der Fürbitte ihrer Söhne und einem heilkräftigen Wein wurde sie wieder gesund. So hat Johann Theodor Bärenklau, der letzte Pfarrer der Burgkapelle, die wundersame Genesung seiner Mutter einst zu Protokoll gegeben. Die Episode belegt die enge Verbindung von Glauben und Heilen. Wer die traditionellen Gartengewächse und Heilkräuter der Gegend kennenlernen möchte, findet sie heute wieder vor Ort. Der „Freundeskreis Burggarten Blankenberg“ präsentiert sie von April bis September in seinem Burggarten. 

Wo auf Burg Blankenberg früher der Garten lag, ist nicht bekannt, denn der Baukomplex wurde in den vergangenen neun Jahrhunderten mehrfach stark verändert. Ein deutlicher Hinweis auf die frühere Existenz eines Burggartens sind aber die hier gefundenen Pflanzenarten, die in der Wildflora praktisch nicht vorkommen. Es sind traditionsreiche Heilpflanzen, die besonders in Gartenkultur weiterverbreitet wurden. „Die Osterluzei und das Herzgespann sind Beispiele für solche Kulturrelikte, sie wachsen vielleicht schon seit Jahrhunderten an der Burg“, erläutert Susanne Heyd, die den Garten geplant und eingerichtet hat, „Burgbewohner waren früher meist Selbstversorger, was Küchenkräuter und Heilpflanzen anging.“

Im Burggarten werden auch gefährdete Wildpflanzen gärtnerisch vermehrt. Zu diesen Arten gehören unter anderem der einjährige Acker-Rittersporn.

Calendula officinalis, die Ringelblume, ist eine beliebte und traditionell als Arznei genutzte Gartenpflanze.

Der Echte Ziest ist Heilpflanze und attraktive Zierstaude zugleich. Im Rheinland wächst er auch wild.

Steinreiche Burggärtner

Als von 1996 bis 2010 große Abschnitte der Burg saniert wurden, regten Fachleute an, auf einer Brachfläche der äußeren Bastion wieder einen Garten anzulegen. Doch den Burgbetreuern selbst fehlte es an praktischer Erfahrung. So kam die Pädagogin, Naturschützerin, Hobbygärtnerin und -köchin Susanne Heyd zu ihrem Ehrenamt. Wo in ihrer Vorstellung blühende Stauden sprießen sollten, lag allerdings jede Menge Schutt in der Erde: „Als wir 2006 das erste Beet anlegen wollten, waren wir steinreich! Also haben wir die größeren Grauwackenstücke gesammelt und später für die Einfassung der Beete benutzt, und den feineren Schutt haben wir für die Wege verwendet.“

„Urban gardening“ in der Provinz

Die ersten Ideen brachte Heyd aber von einer Englandreise mit: „Dort ist das gemeinsame Gärtnern in öffentlichen Anlagen viel selbstverständlicher, ich dachte, das muss doch hier auch gehen.“ Und woher stammen die Pflanzen? Viele noch heute beliebte Stauden und Gewürzkräuter besorgte Heyd im Handel oder bei befreundeten Gärtnern. Manche Gewächse erhielt sie auch von anderen Traditionsgärten im Rheinland. „Der Goldlack stammt von der Marksburg am Mittelrhein, die Mutterwurz aus dem Aachener Karlsgarten und die Eberraute aus einer Klostergärtnerei“. Schon die ersten Aktivitäten weckten das Interesse weiterer Gartenenthusiasten. Inzwischen gehören zum ehrenamtlichen Freundeskreis über 25 Personen. Alle 14 Tage treffen sich die Gartenfreunde in wechselnder Besetzung, graben und säen, jäten und gießen, hacken und schneiden. „Das ist einfach ein unglaublich schöner Platz zum gemeinsamen Arbeiten, mit dem Blick über das Siegtal und mit der Burg im Rücken!“ schwärmt Susanne Heyd. „Ich merke, wie alle, die regelmäßig herkommen, sich stark damit identifizieren und Verantwortung übernehmen.“ Auch für Besucher steht die Gartenpforte immer offen. Bänke laden zum Verweilen ein. Der Holzzaun, der den 800 Quadratmeter großen Garten von der übrigen Bastionsfläche abgrenzt, hat eher Symbolcharakter. Bis 2013 wurden zwei weitere große Beete für Heil- und Küchenkräuter angelegt. Dabei sind die Grenzen zwischen Heil-, Gewürz- Duft- und Zierpflanzen fließend. Manchen Gewächsen sagte man auch magische Wirkung nach oder sie hatten sprituelle Bedeutung. Zum Beispiel das Balsamblatt, dass aus Maria Laach stammt. Früher legte man sich gern ein duftendes Zweiglein ins Gesangbuch. Das sollte bei längeren Gottesdiensten die Aufmerksamkeit stärken.

Artenschutz als wichtige Aufgabe

Ein vierter Teil des Bastionsgartens besteht aus einem Stück Wiese und einem Ackerstreifen, in dem alte Getreidesorten und Wildkräuter wachsen. Sie gehören zu einem besonderen Aufgabenbereich, dem sich die Gärtner von Blankenberg verpflichtet fühlen: Der Garten dient als „Arche“ für hochgradig gefährdete Arten, die in der Region zu verschwinden drohen. Hier werden sie unter geschützten Bedingungen vermehrt. „Das Saat- oder Pflanzgut, das wir gewinnen, ist für die Rückkehr an geeignete Wuchsorte in der Landschaft vorgesehen“. Selten gewordene Begleiter des Wein-, Getreide- und Leinanbaus sind darunter, wie Wildtulpe, Acker-Steinsame und Leindotter. Beratung und Unterstützung bekommt der Freundeskreis dabei unter anderem von der Biologischen Station und vom Botanischen Garten der Universität Bonn.

Stand der Angaben: 1/2017

Unser Engagement
Die NRW-Stiftung förderte die Anlage eines Schau- und Lehrgartens für historische Nutz- und Zierpflanzen sowie als „Arche“ für gefährdete Wildpflanzen. Neben der Pflege des Kräutergartens mit mehr als 200 Arten und Sorten gibt der „Verein Freundeskreis Burggarten Blankenberg“ Anregungen für die naturnahe Gartengestaltung und bietet auch Privatleuten Saatgut von etwa 80 verschiedenen Pflanzen. Der Verein veranstaltet Führungen und Seminare zu Heil-, Gewürz-, Duft- und Zierpflanzen und ihrer Verwendung.


Standort

Mittelalterlicher Burggarten in Stadt Blankenberg
Scheiderwiese 13
53773 Hennef
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